Internationaler Tag der Menschenrechte, 9.12.2021, Offenbach a.M

10. Dezember 2021

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Rede anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte, 9.12.2021, Offenbach a.M. 

Hallo, mein Name ist Katja Strobel, ich spreche für die VVN/BdA Offenbach. Ein langer und unbequemer Name – genauso unbequem wie das Gedenken, wegen dem wir heute hier stehen. Anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte. Die Erklärung der Menschenrechte wurde 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet in der Absicht, Krieg und Faschismus zu beenden und zukünftig zu verhindern. Ein Meilenstein in der menschlichen Geschichte! Leider sind wir heute an einem Punkt, an dem die Menschenrechte in einem großen Ausmaß mit Füßen getreten werden – angefangen bei den globalen Ungerechtigkeits- und Ausbeutungsverhältnissen, und nicht zu Ende in unserem Alltag hier in Deutschland und Offenbach, wo rassistische, antisemitische, sexistische Angriffe und Übergriffe Alltag sind. Damit finden wir uns nicht ab! 

Deswegen sind wir hier und erinnern an eine Übereinkunft vor 73 Jahren, weil es dringend notwendig ist! 

Ich will ein paar Schlaglichter auf die Politik der AfD werfen, die trotz geringerer Wahlerfolge leider inzwischen zur politischen Normalität gehört, in Stadt- und Landräten und dem Bundestag rechtes Gedankengut und menschenverachtendes Reden in den politischen Alltag bringt und zur Normalität machen will. Das darf nicht passieren! Dagegen wehren wir uns! 

Die AfD bezeichnet in ihrem Wahlprogramm die Genfer Flüchtlingskonvention als „überholt“ und will Geflüchtete an den Grenzen generell zurückweisen, da sie ja auch sogenannten sicheren Drittstaaten kämen. Sie will sogenannten illegalen Eingereisten ein dauerhaftes Bleiberecht verwehren und nur noch qualifizierte Einwanderung akzeptieren. Das heißt, hinter die Standards von Menschenrechten zurückzufallen, wie sie mit der Genfer Flüchtlingskonvention 1951 eingeführt wurden. 

Doch auch unsere Bundesregierungen haben das Asylrecht seitdem ausgehöhlt und gefährden es. Deswegen gilt es, Menschenrechte zu verteidigen, auch gegenüber unseren Regierungen! Geflüchteten sind Menschenrechte wie Unversehrtheit, Religions- und Bewegungsfreiheit, Recht auf Bildung und freien Zugang zu den Gerichten zuzugestehen! 

Die Genfer Flüchtlingskonvention entstand 1951 auch aus den furchtbaren Erfahrungen, die aus Nazi-Deutschland Flüchtende machen mussten – ich erinnere nur an ein Beispiel, das Schiff „St. Louis“, das 937 Jüdinnen und Juden von Hamburg über Kuba in die USA bringen sollte. Es folgte eine Monate lange Irrfahrt, das Schiff wurde überall abgewiesen, musste schließlich nach Europa zurückfahren und mindestens 254 Menschen wurden in Vernichtungslagern der Nazis umgebracht. 

2021 starben bis November mehr als 1.500 Menschen im Mittelmeer. Solche Katastrophen zu verhindern, wird nie überholt sein! 

Im Bundestag und in Petitionen sprach sich die AfD gegen die Annahme des UN-Migrationspaktes und gegen die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung aus. Sie befürchtet, dass sich durch Gewohnheitsrecht internationale Menschenrechte-Standards durchsetzen könnten. Außerdem zieht sich eine Rhetorik der Hetze durch die Texte der AfD, die sich mit Einwanderung und Asyl befassen. Im Wahlprogramm wird als einziger Fluchtgrund das Bevölkerungswachstum in Afrika benannt. Abgesehen davon, dass hier ein gesamter Kontinent mit unterschiedlichen Welten pauschalisiert wird: einfach rassistisch! Die globalen Strukturen der Ausbeutung, die Kolonialgeschichte und Kriege, in die Deutschland politisch wie wirtschaftlich verstrickt ist, werden komplett ignoriert. Ständig wird von der AfD lamentiert, dass sogenannte Flüchtlingsströme ausgelöst würden, wenn es Signale geben soll, dass Geflüchtete wie Menschen behandelt werden. Es gibt keine Belege dafür, dass die Fluchtgründe sich danach richten, ob sich die reichen Länder vielleicht dazu durchringen können, Menschenrechte, auf die sie sich gern beziehen, auch tatsächlich zu gewähren, auch nicht danach, ob es Seenotrettung gibt oder Sozialleistungen gekürzt werden. Wer verfolgt ist, wessen Lebensgrundlage zerstört ist, wer keine Perspektiven sieht, der und die flieht! Und gerade in Deutschland, 40 Jahre nach Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention, müssen wir entschieden dafür eintreten: Menschenrechte gelten für alle, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Papieren oder Religion. Für diese Selbstverständlichkeit müssen wir leider immer wieder einstehen, denn sie wird überall in Frage stellt. Stellen wir stattdessen lieber einmal das Recht auf steuerfreie Erbschaften und Vermögen in Frage! Wir wollen kein ängstliches „Das Boot ist voll“-Geplapper, sondern eine mutige und solidarische Gemeinschaft, die Ja sagt und sich einsetzt für ein würdiges Leben, globale soziale Rechte für alle. Danke!